Ein önologisches Relikt, das ein grosser Weisswein der Langhe werden wollte
Der außergewöhnlichste, vielleicht unbekannteste, aber dennoch typischste bodenständige Wein von Novello ist nicht der Barolo, wie viele meinen, sondern der Nascetta, ein piemontesischer Weißwein mit einer schwierigen, aber gleichzeitig faszinierenden Vergangenheit. Ein Wein, der lange Zeit vergessen war und dessen bereits vom Aussterben bedrohten Reben in nur einigen wenigen Rebreihen zu finden waren: Es handelt sich um ein wahres önologisches Relikt, das nur durch die Weitsicht einiger Produzenten, zu denen auch Elvio Cogno gehört, vom gänzlichen Untergang gerettet werden konnte.
Karte des Weinbergs
Eine noble Vergangenheit
Die ersten Dokumente, in denen der Nascetta, der auch unter der Bezeichnung „Nas-cetta“ oder „Anascetta“ bekannt ist, erwähnt wird, berichten von einem außergewöhnlichen Wein. 1877 definiert der Wissenschaftler Giuseppe dei Conti di Rovasendalo in seiner Abhandlung Saggio di un’ampelografia universale den Nascetta als „ausgesprochen delikate Traube und exzellenten Wein“. Auch der Weinbauwissenschaftler Lorenzo Fantini verglich 1895 den „Anascetta“ mit der Feinheit des Muskatellers und es war sein Kollege Giovanni Gagna, der die heutige Bezeichnung „Nascetta“ prägte und schrieb, dass diese Rebsorte sehr gut dem weißen Muskateller und dem Favorita hinzugefügt werden könne.
Diese ersten Anmerkungen deuten auf einen kuriosen Sachverhalt hin: Der Nascetta wurde früher als Süßwein vinifiziert und war beliebt als aromatische Zugabe zu anderen weißen piemontesischen Weinen. Auch mündliche Überlieferungen aus Novello, jenem Ort, der seit jeher als ideales Anbaugebiet dieser Rebsorte gilt, bestätigen diese Aussage: Der lange lagerfähige Nascetta wurde als Messwein verwendet, war süß und entstand aus leicht getrockneten Beeren.
Das Verschwinden
Die Rebsorte Nascetta ist von Natur aus delikat und unbeständig, sehr schwierig anzubauen, mit Erträgen, die sehr reichhaltig, aber auch ausgesprochen dürftig sein können. So kam es, dass sie im 20. Jahrhundert von einträglicheren Rebsorten, wie Nebbiolo für Barolo, verdrängt wurde und fast vom Aussterben bedroht war. Der Anbau wurde jedoch nicht gänzlich aufgegeben, sondern überlebte in einigen wenigen Rebzeilen inmitten von anderen Anbausorten, wobei dies eher aus persönlicher Zuneigung als aus dem Wunsch heraus, diese zu vinifizieren, geschah.
Wie ein Sauternes
Man sagt, das Glück hilft den Kühnen. So war es, als 1993 Elvio Cogno und Valter Fissore, gemeinsam mit anderen Produzenten, einer besonderen Einladung folgten. Unter Anwesenheit des Journalisten Armando Gambera wurden einige Flaschen Nascetta von 1986 geöffnet.
Es war Liebe auf den ersten Schluck. „Der Nascetta überraschte alle Anwesenden mit seinem feinen und eleganten Charakter. Trotz des Alters hatte der Wein der Oxidation widerstanden, sich natürlich entfaltet und offenbarte likörartige Noten“, berichtet Valter Fissore. „Er hatte einen einzigartigen Charakter, ähnelte fast einem Sauternes. Es war ein Weißwein, der hier im Gebiet der Langhe einmalig war.“
Die Wiedergeburt
Nach dieser legendären Verkostung waren Elvio Cogno und Valter Fissore davon überzeugt, dass der Nascetta einer großen Bestimmung entgegen sah. Man begann sofort mit den Experimenten und 1994 gab es die erste Lese. Da es in Novello noch keine Weinberge gab, die nur mit Nascetta bebaut waren, mussten die Trauben in verschiedenen Weinbergen, wo sie vereinzelt zwischen den anderen Sorten heranwuchsen, aufgefunden und anschließend Traube für Traube geerntet werden.
So entstand, in einer Produktion von weniger als 800 Flaschen, der Anas-Cetta von Elvio Cogno, eines der ersten Etiketten auf dem Markt. Ein sozusagen „illegaler“ Wein, denn es gab damals noch keinerlei Vinifizierungsbestimmungen, ebenso wenig wie Bezeichnungen und Vorschriften für den Handel.
Das Engagement von Elvio Cogno und der anderen Produzenten von Novello brachte jedoch große Resultate hervor, so dass die Forschungen zu diesem Wein weiter angeregt wurden und dessen Anerkennung gefördert wurde. Es war vor allem ein Produkt, das sich für seine Qualität auszeichnete.
Seit 2002 gehört der Nascetta zu den DOC-Weinen der Langhe und 2010 erhielt er eine prestigevolle Anerkennung: die Bezeichnung mit dem Namen „Langhe Nas-cetta del Comune di Novello“, wobei die Produktion hierfür lediglich aus 100% Nascetta-Trauben und nur innerhalb des Gemeindegebietes von Novello erfolgen darf.
Ein vielseitiger Wein
Heute gehört der Nascetta zu den großen Weißweinen der Langhe. Die Gesamtanbaufläche beläuft sich auf 20 Hektar mit einem Traubenertrag von 5500 kg. Die Grenzen von Novello wurden inzwischen überschritten, aber nur in dieser Gemeinde gelangt er zu seiner höchsten Ausdrucksform.
Haupteigenschaft diese Weines ist seine Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit an verschiedene Vinifizierungsarten. In Edelstahl oder Holz: Der Wein bewahrt seinen eigenen Charakter und vermag es, sein Territorium voll zum Ausdruck zu bringen, wobei es dem Produzenten dennoch gestattet ist, seine eigene „Handschrift“ zu hinterlassen.
Der Anas-Cetta von Elvio Cogno zeichnet sich aus durch seine goldgelbe leuchtende Farbe, als Ergebnis eines sorgfältigen Auszugs der Substanzen. In der Nase präsentiert dieser Wein Zitrusnoten und exotische Früchte, während er am Gaumen beachtliche mineralische Komponenten mit Nuancen von Salbei und Rosmarin offenbart. Es ist ein Wein, der sofort trinkfertig ist, aber auch die Fähigkeit zum Ausbau besitzt, und uns die Emotionen eines großen Weißweines, der im Land der Rotweine herangewachsen ist, beschert.